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Kurze kritische Untersuchung des neuen “Ordo Missae“ Kurze kritische Untersuchung des neuen “Ordo Missae“ Als 1969 der „Novus Ordo Missae“ promulgiert werden sollte, erging an Paul VI. ein Brief, …Mehr
Kurze kritische Untersuchung des neuen “Ordo Missae“

Kurze kritische Untersuchung des neuen “Ordo Missae“

Als 1969 der „Novus Ordo Missae“ promulgiert werden sollte, erging an Paul VI. ein Brief, der ihn inständig bat, „uns nicht die Möglichkeit zu nehmen, auch in Zukunft das Missale Romanum des heiligen Pius V. zu verwenden, das sich in seiner unversehrten Gestalt als so fruchtbar erwiesen hat... und von der ganzen katholischen Welt so tief verehrt und geliebt wird.“ Unterzeichnete: die Kardinäle Ottaviani und Bacci.

Eine „Gruppe von Theologen, Liturgiewissenschaftlern und Seelsorgern“ hatte sich zusammengetan, um den „Novus Ordo“ genauer zu untersuchen. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass der „'Novus Ordo Missae' mit seinen neuen, verschieden interpretierbaren Elementen, die darin indirekt oder ausdrücklich deutlich werden, sowohl im Ganzen wie in den Einzelheiten ein auffallendes Abrücken von der katholischen Theologie der heiligen Messe dar(stellt), wie sie in der XXII. Sitzung des Konzils von Trient formuliert wurde.“ Kard. Ottaviani hatte sich bereit erklärt, die Studie zu revidieren und Paul VI. vorzulegen.

Die Studie führt uns zurück zu den Anfängen des katholischen Widerstandes gegen die Änderungen des katholischen Glaubens und der Sakramente der Kirche, die das Zweite Vatikanische Konzil initiierte. Sie zeigt uns, dass schon 1969 katholische Theologen, Seelsorger, Liturgiewissenschaftler und Kardinäle mit Sorge die Folgen des Vatikanum II. erkannten. So hilft uns diese „Untersuchung“, unseren theologischen Standpunkt zu überdenken und zu festigen. Nebenbei gibt sie nützliche Erläuterungen über das traditionelle katholische Verständnis verschiedener Texte der Hl. Messe. Daher möchten wir hier eine Zusammenfassung der Studie bieten.

1) Um die Änderungen der Messe zu rechtfertigen, sagen Vertreter der modernen Kirche oft, diese seien dem besseren Verständnis der Gläubigen zuträglich. Dazu liefert der erste Abschnitt der „Untersuchung“ interessante Gedanken:
„In der Apostolischen Konstitution (‘Missale Romanum’ - mit ihr wurde der Novus Ordo Missae promulgiert) wird bestätigt, dass das alte, durch den heiligen Pius V. am 13. Juli 1570 promulgierte, aber zum großen Teil auf Gregor den Großen und in noch ältere Zeit zurückreichende Missale vier Jahrhunderte lang für die Priester des lateinischen Ritus die Norm für die Feier des Opfers war und dass (...) 'zahllose, sehr heilige Männer ihre Herzensfrömmigkeit gegen Gott durch die aus ihm geschöpften biblischen Lesungen und Gebete reich genährt haben'. Und trotzdem soll die Reform, welche dieses Missale definitiv außer Gebrauch setzt, notwendig geworden sein, 'seit unter dem christlichen Volk die Bemühung um die Pflege der heiligen Liturgie häufiger und stärker zu werden begann'.

In dieser Behauptung wird ein schweres Missverständnis offenbar. Denn wenn jemals ein Verlangen des Volkes sich äußerte, dann in der Zeit, als dieses (...) die echten und ewigen Schätze seiner Liturgie zu entdecken begann. Nie und nimmer hat das Volk zum Zweck des besseren Verständnisses eine veränderte oder verstümmelte Liturgie gefordert. Es verlangte vielmehr nach dem besseren Verständnis einer unveränderlichen Liturgie, von der es nie gewollt hatte, dass sie sich ändere.
Dem römischen Missale des heiligen Pius V. begegnete man mit religiöser Ehrfurcht; es war dem Herzen der Katholiken, Priester wie Laien, überaus teuer. Man sieht nicht ein, inwiefern der Gebrauch dieses Missale bei richtiger Katechese eine stärkere Teilnahme an der heiligen Liturgie und ihre bessere Kenntnis verhindern könnte und warum man es bei dem vielen und hohen Lob, das ihm gezollt wurde, nicht für würdig hält, die liturgische Frömmigkeit des christlichen Volkes auch weiterhin zu nähren. (...)
Eine ins Einzelne gehende Untersuchung des Novus Ordo offenbart Änderungen von solcher Tragweite..., dass er in vielen Punkten die liberalsten Protestanten zufrieden zu stellen vermag.“

2) Einer der Kritikpunkte, die von „traditionalistischer“ Seite gegen den Novus Ordo oft vorgebracht wird, ist, dass er mehr einem Mahl als einem Opfer gleiche. Auch diese Kritik findet sich in der Studie wieder. Sie leitet sie von der Definition der Messe her, die „in §7, zu Anfang des zweiten Kapitels 'De structura Missae' der dem Novus Ordo vorangehenden 'Institution generalis' erscheint“:

„'Das Herrenmahl oder die Messe ist die heilige Zusammenkunft oder die Versammlung des Volkes Gottes, das unter dem Vorsitz eines Priesters zusammenkommt, um das Gedächtnis des Herrn zu feiern. Deshalb gilt von der örtlichen Versammlung der heiligen Kirche in hervorragendem Maß die Verheißung Christi: 'Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, dort bin ich mitten unter ihnen' (Mt. 18, 20).'

Die Definition der Messe ist also auf die des 'Mahles' beschränkt... und dieses 'Mahl' wird charakterisiert durch die Versammlung, der der Priester vorsitzt, und durch das Vollziehen des Gedächtnisses des Herrn, indem man an das erinnert, was er am Gründonnerstag getan hat. Darin ist weder die wirkliche Gegenwart enthalten noch die Wirklichkeit des Opfers noch die Sakramentalität des konsekrierenden Priesters noch der in ihm selbst liegende Wert des eucharistischen Opfers, unabhängig von der Anwesenheit der Versammlung. Mit einem Wort: Keiner von den wesentlichen dogmatischen Werten der Messe, die doch ihre wahre Definition ausmachen, findet sich hier vor. Diese gewollte Auslassung kommt ihrer „Überwindung“ und daher, wenigstens in der Praxis, ihrer Negation gleich.“

Interessant ist auch, dass die oben zitierte Definition der Messe, anstatt von der realen Gegenwart Christi im Altarsakrament zu sprechen, sagt, von dieser Versammlung gelte in hervorragendem Maße seine Verheißung: „Wo zwei oder drei..“. Diese Verheißung betraf aber nur Christi geistige Gegenwart überall in der Welt. Diese wird nun, zwar in etwas stärkerer Intensität, qualitativ aber doch nicht verschieden, auf die hl. Messe angewandt. Daher wird die besondere reale Gegenwart Christi in der hl. Hostie (sowohl mit Gottheit und Menschheit als auch mit Leib und Seele!) auf eine Stufe mit der allgemeinen geistigen Anwesenheit Gottes in der ganzen Welt gestellt, bzw. stellt die Gegenwart Christi in der hl. Messe nur eine etwas intensivere geistige Gegenwart dar, nicht aber eine spezifisch reale. Damit wird eindeutig vermieden, sich auf die reine katholische Lehre festzulegen. Statt dessen wird die Gegenwart Christi auf ein Niveau reduziert, das selbst Protestanten annehmen können.
Sollte sich jemand einmal die Mühe machen, ein Missale des Novus Ordo aufzuschlagen und die „Instructio generalis“ zu lesen, so wird er – zumindest wenn er an eine Ausgabe vom März 1970 oder später gerät – die Definition in der oben zitierten Form nicht finden.

Als Reaktion auf die Kritik der Untersuchung wurde nämlich im März 1970 ein neues Missale veröffentlicht, das zwar den selben Novus Ordo, aber eine neue „Instructio generalis“ enthielt. Das Vorgehen, das zu dieser „neuen Version“ führte, beschrieb P. Chrichton folgendermaßen: „Das Vorgehen ist offensichtlich: neben jeden (von der Untersuchung) kritisierten Ausdruck wurde eine Phrase gesetzt, die man kurz 'tridentinisch' nennen könnte.“

Die neue Definition spricht daher nicht mehr von „Das Herrenmahl oder die Messe“, sondern von „Die Messe oder das Herrenmahl“. Während die alte Version nur von Gedächtnis sprach, fügte die neue hinzu „oder eucharistisches Opfer“.

Man änderte also zwar die Instruktion, den in und aus ihrem Geist entstandenen Novus Ordo aber änderte man nicht. So wie wenn man einen Architekten darauf aufmerksam machte, aus seinen Plänen sei zu ersehen, das von ihm errichtete Gebäude weise bedrohliche Fehler auf, und der Architekt dann lediglich die Fehler im Plan ausstreiche, ohne aber am Gebäude selber etwas zu ändern.

3) Gleicherweise kommt der Zweck des Messopfers in der neuen Messe nicht mehr zum Ausdruck. Der letzte Zweck der Hl. Messe ist, ein “Lobopfer an die Heiligste Dreifaltigkeit (zu sein) gemäß der ausdrücklichen Erklärung Christi, die von der uranfänglichen Absicht seiner Inkarnation spricht: 'Als er in die Welt kam, sprach er: 'Opfer und Gabe hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet.' (Ps. XL, 7-9, in : Hebr. 10,5).

Dieser Zweck ist verschwunden: aus dem Offertorium mit dem Gebet “Suscipe, Sancta Trinitas”, aus dem Schluss der Messe mit dem Gebet “Placeat tibi, Sancta Trinitas” und aus der Präfation, die im Sonntagszyklus nicht mehr die von der Heiligsten Dreifaltigkeit sein wird, welche jetzt dem Fest allein vorbehalten bleibt und daher nur ein einziges Mal im Jahr gebetet werden wird.”

Auch der unmittelbare Zweck, der des Sühnopfers, ist verloren gegangen. Statt “den Akzent auf die Nachlassung der Sünden der Lebenden und der Toten zu legen, legt man ihn auf die Speisung und Heiligung der Anwesenden.” Beim Letzten Abendmahl hatte sich Jesus mit seinen Aposteln nicht allein dazu versammelt, um mit ihnen ein Abendmahl im landläufigen Sinne zu halten. Er feierte vielmehr – wie die anderen Juden auch – das Passahmahl. Dieses war aber nicht primär nur ein Mahl, sondern ein Opfermahl. Das, was verzehrt wurde, das Osterlamm, wurde ja vorher geschlachtet und geopfert. Somit hat Jesus dieses Opfermahl genommen, um sich bei dieser Gelegenheit als wahres Osterlamm “in die Verfassung eines Schlachtopfers (zu) begeben”, damit wir die Möglichkeit haben, uns mit diesem seinem Opfer zu vereinen und dann gemeinsam mit ihm Gott als wohlgefällige Opfergabe aufgeopfert zu werden. Dieses Opfern “geht dem Essen voraus und hat einen vorrangigen und vollen Erlösungswert als Zuwendung der blutigen Opferung”.
Interessant ist weiter, wie die Untersuchung die Gebete kritisiert, die als Gabenbereitungsgebete bezeichnet werden und den Platz der ursprünglichen zwei Opferungsgebete “Suscipe, sancte Pater” und “Offerimus tibi, Domine” einnehmen. Diese sogenannten Gabenbereitungsgebete lauten: “Gepriesen seist du, Herr, Gott des Universums, denn von deiner Freigebigkeit haben wir …