(Vatikan) Als letzten Akt seines Pontifikats wird Papst Benedikt XVI. ein Ad-hoc-Motu proprio erlassen, das es den Kardinälen erlaubt, den Beginn des Konklaves vorzuziehen, dies berichtet der Vatikanist Andrea Tornielli. Es wird sich um die zweite Änderung der Apostolischen Konstitution Universi Dominici gregis handeln, mit der Papst Johannes Paul II. die Wahlordnung des Konklave festgelegt hatte.
In den vergangenen Tagen zeigten Kardinäle einen gewissen Unmut darüber, daß das Konklave möglicherweise länger dauern und damit in die Karwoche und Osterfesttage hineinreichen könnte. Laut der geltenden Wahlordnung muß das Konklave zwischen dem 15. und dem 20. Tag ab Beginn der Sedisvakanz stattfinden. Die Zeitangabe meinte bisher den Tod des regierenden Papstes. Der Wunsch der Kardinäle, das Konklave früher beginnen zu lassen, deutet an, daß sie auf jeden Fall vor Ostern zu einer Entscheidung kommen wollen. Rechtlich gesehen läßt die Päpstliche Konstitution jedoch keinen Spielraum für Interpretationen.
Der unerwartete Rücktritt des Papstes zieht damit weitere Änderungen nach sich, die durch Ad-hoc-Entscheidungen schnell herbeigeführt werden sollen. Die Bestimmungen Johannes Pauls II. sollten ausreichend Zeit lassen, daß die Kardinäle, auch aus entfernten Gegenden rechtzeitig nach Rom gelangen können. Der Druck der Kardinäle, die darauf beharren, daß durch die Rücktrittsankündigung ausreichend Zeit gegeben sei, und daher einem vorzeitigen Beginn nichts im Wege stehe, wurde in diesen Tagen immer größer. In Rom heißt es nun, der Heilige Stuhl ziehe es vor, selbst tätig zu werden, solange ein regierender Souverän vorhanden ist, um Eigenmächtigkeiten durch die Kardinäle, die einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen würden, zu verhindern.
Mit einem Motu proprio soll den Kardinälen die Möglichkeit eingeräumt werden, unter klar umrissenen Bedingungen den Beginn des Konklave vorzuziehen. Das Motu proprio wird vom noch regierenden Papst als „höchstem Gesetzgeber“, dem allein eine solche Änderung zusteht, erlassen, weshalb es kirchenrechtlich keine Hindernisse gibt, den Beginn des Konklaves bereits vor dem 15. März anzusetzen.
Ob die Kardinäle diese Möglichkeit nützen werden, können sie auf der Generalkongregation entscheiden, die nach dem Beginn der Sedisvakanz zusammentritt. Für eine eventuelle Vorziehung wird die absolute Mehrheit der Kardinäle notwendig sein oder anders ausgedrückt die Hälfte der Stimmen plus eine. Bei Stimmengleichheit wird die Stimme jenes Kardinals den Ausschlag geben, der den Vorsitz führt.
Zuletzt hatten sich zwei Kardinäle, deren Stimmen Gewicht haben, nämlich der Erzbischof von New York, Timothy Kardinal Dolan und der Erzbischof von Paris, André Kardinal Vingt-Trois gegen einen vorgezogenen Beginn des Konklave ausgesprochen. Eine Zeit der Vorbereitungen, des gegenseitigen Kennenslernens und der Möglichkeit ausführlicher über die Zukunft der Kirche zu sprechen, sei notwendig. Nicht nur in Rom sind zudem Stimmen zu hören, die angesichts der Ausnahmesituation, die durch den Rücktritt des Papstes entsteht, vor weiteren Improvisationen warnen.
Text: Vatican Insider/Giuseppe Nardi
Bild: Vatican Insider