Rettet die Familie vor Politikern! Ministerin Karmasins Denkfehler

Die ÖVP vergrault weiter ihre Wähler und gibt eines ihrer wichtigsten Kernthemen auf. "Liberale" Familienpolitik betreibt schon längst die politische Konkurrenz.

Familie ist dort, wo sich Menschen zu Hause fühlen.“ So definierte es Familienministerin Sophie Karmasin kurz nach ihrem Amtsantritt. Zuerst dachte ich, sie wolle nur vorsichtig sein und erst in ihr Amt hineinwachsen. Befremdlich fand ich diesen schwammigen Zugang allerdings damals schon. Nach dieser Definition müsste für Pubertierende, die mit Eltern so ihre Reibereien haben, ihre „Familie“ McDonald's sein. Dort fühlen sie sich so richtig wohl. Gewiss, das ist überspitzt, es soll aber zeigen, wie unsinnig dieser Zugang ist.

Nun hat aber die Familienministerin noch kräftig nachgelegt und bewiesen, dass nicht Vorsicht, sondern pure Absicht ihre Äußerungen bestimmt hat. Ihre ersten großen Themen sind nämlich ausgerechnet die Homo-Ehe und das Adoptionsrecht für Homosexuelle. Sie hätte sich Josef Pröll zum warnenden Beispiel nehmen sollen, von dessen gut gemeinter Perspektivengruppe nichts als eben die Homo-Ehe im Gedächtnis geblieben ist. Damals hat er die Begeisterung etlicher Journalisten mit der Zustimmung der Wähler gleichgesetzt. Ein fataler Irrtum.

Karmasin wird aber nicht zurückgepfiffen, sondern von VP-Prominenz noch unterstützt. Da fragt man sich, welche Strategie die ÖVP verfolgt, wenn sie eines ihrer Kernthemen aufgibt? Will sie ihre letzten angestammten Wähler, die noch nicht durch die katastrophale Wirtschafts- und Finanzpolitik samt kräftiger Steuererhöhungen erzürnt sind, endgültig vertreiben? Wen will sie damit gewinnen?

Seit Jahrzehnten zertrümmern SPÖ und Grüne lustvoll das Leitbild der traditionellen Familie und forcieren eine sogenannte liberale Familienpolitik. Nun sind auch noch die Neos zu diesem Klub hinzugestoßen. Oder will man mit diesem Randthema, das nur etwa 300 Paare pro Jahr betrifft, vom Hypo-Skandal ablenken? Dann ist es schlecht gewählt!

Ministerin Karmasin begeht einen schweren Denkfehler: Natürlich steht es ihr nicht zu, über die von Bürgern jeweils gewählte Familienform zu urteilen oder zu bestimmen, aber es braucht ein Leitbild. Ohne Männer und Frauen, ohne Paare, die sich – mit oder ohne Trauschein – entschließen, Kinder zu haben, hat eben keine Gesellschaft Bestand! Und daher ist diese Art von Familie ein besonders schützenswertes Gut. Nach diesem Leitbild sollen Familien in jeder Hinsicht gefördert werden, denn sie tragen die Hauptlast in unserer Gesellschaft: Sie sorgen für die Alten und für die Kinder, die in Zukunft den Generationenvertrag erfüllen müssen.

Die nun endlich nach 14 Jahren (!) erfolgte Erhöhung der Familienbeihilfe ist zwar erfreulich, deckt aber nicht einmal den Kaufkraftverlust in dieser Zeitspanne. Der Druck auf die Familien wächst, also bedürfen Familien der besonderen Hinwendung und nicht der steten Aushöhlung. Das bedeutet nicht, andere Lebensformen zu verurteilen, aber es gilt, das Leitbild nicht aus den Augen zu verlieren. Zu schützen sind vor allem die Kinder und deren Rechte, von denen im Zusammenhang mit der Adoption nicht die Rede ist. Es gibt eben kein Recht auf ein Kind, auch nicht für heterosexuelle Paare. Diese haben derzeit schon Probleme, im Inland ein Kind adoptieren zu können.

Es wundert mich auch, dass man es als wichtig erachtet, Homosexuellen einen gemeinsamen „Familiennamen“ zuzugestehen, wo man bei der heterosexuellen Ehe vom verpflichtenden gemeinsamen Familiennamen abgegangen ist und ein Wirrwarr an Möglichkeiten zugelassen hat.

Generell ist der ÖVP zu raten, sich nicht weiter unnötige Zores einzuhandeln, nur damit sich eine parteifreie Ministerin profilieren kann. Und an alle Parteien gerichtet: Ständiges Herumpfuschen schadet nur, besonders in den Bereichen Familie und Schule. Umso wichtiger wäre, dass die Politik sich ihrer wirklichen Verantwortung bewusst wird: etwa bei der steigenden Arbeitslosigkeit oder dem Schaden, den sie bei Hypo und Frühpensionsregelungen angerichtet hat!

E-Mails an:debatte@diepresse.com

Zur Autorin:

Dr. Gudula
Walterskirchen ist Historikerin und
Publizistin. Sie war bis 2005 Redakteurin der „Presse“, ist seither freie Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher mit historischem Schwerpunkt.

www.walterskirchen.cc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2014)

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