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Union Zoff um Merkels Rede vom unvermeidbaren Krieg

Angela Merkel auf dem Kriegspfad. Allgemeine Ergebenheitsadressen Richtung Washington genügen der CDU-Chefin offenbar nicht mehr. Jetzt nennt sie den Irak-Krieg bereits eine "unvermeidbare" Schadensbegrenzung. Profilierte Parteifreunde sind empört.

Berlin - Die CDU-Vorsitzende bekannte sich in der ARD-Sendung "Gabi Bauer" am Mittwochabend noch deutlicher als bisher zum Irak-Krieg. Sie nannte den militärischen Einsatz der USA und Großbritanniens eine "unvermeidbare" Schadensbegrenzung: "Man hatte einen Punkt erreicht, an dem Krieg unvermeidbar geworden war. Bei einem Nichthandeln wäre der Schaden noch größer gewesen", sagte Merkel. Zwar seien die Folgen für die Menschen vor Ort "extrem bedauerlich", doch Amerikaner und Briten seien nicht die Schuldigen.

Mit ihrer Haltung sorgt Merkel für Unmut in der eigenen Partei. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler warf der CDU-Führung vor, sie hätte sich in dieser Frage "von taktischen Überlegungen" leiten lassen und sich damit von ihren Wählern isoliert.

Ähnlich argumentierte die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) in der Zeitung "Die Welt": Merkels Haltung spiegele nicht die Stimmung an der Parteibasis wider. Viele CDU-Mitglieder bedrücke das militärische Eingreifen. Süssmuth warf der Unionsspitze vor, sich in der Irak-Frage zu undifferenziert zu äußern. Beim Vorgehen der USA im Irak handele es ich um einen "Krieg ohne Uno-Mandat". Dies schwäche das Völkerrecht. Süssmuth rief die Union dazu auf, auch die Haltung der Kriegsgegner ernst zu nehmen. Sie vermisse die christliche Friedensbotschaft der Partei.

Auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) setzte sich von Merkels Position ab. "Wenn keine Notwehrsituation vorliegt, bedarf ein militärisches Eingreifen des Mandats der Vereinten Nationen", betonte Müller am Dienstagabend. Längst seien nicht alle Mittel ausgeschöpft gewesen, um Saddam Hussein weiter unter Druck zu setzen.

Junge Union, Pflüger, Böhr: Lob für die Chefin

Die Junge Union stellte sich indes hinter Merkels Kurs. Die CDU-Chefin habe in der Irak-Frage "politische Führungskraft" gezeigt und sich gegen die Mehrheitsmeinung der Öffentlichkeit gestellt.

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Friedbert Pflüger, selbst ein Befürworter von Bushs Waffengang, verteidigte Merkel am Donnerstag in der "Welt" als eine Politikerin, die "ihr Fähnchen nicht in den Wind" hänge. Dafür werde sie an der Parteibasis nicht nur respektiert, sondern bewundert.

CDU-Vize-Chef Christoph Böhr stellte sich hinter Merkel. Die CDU müsse sich solidarisch mit den USA zeigen und das Vorgehen gegen den Irak unterstützen, sagte er und mahnte eine "Freundschaft unter Völkern" an, die über Schönwetterphasen hinaus gehen müsse. Es sei "höchste Zeit" für die Union, in dieser Frage "wieder mit einer Stimme zu sprechen."

"Niederlage von Politik und Diplomatie"

Merkel hatte in der Sendung ausgeführt, Saddam Hussein habe 17 Resolutionen der Vereinten Nationen nicht beachtet. Nun könne er nicht auf unbegrenztes Verständnis hoffen, verteidigte die Oppositionsführerin ihre Haltung. "Es ist eine Niederlage von Politik und Diplomatie, aber eines ist dieser Krieg nicht – nämlich ein Präventivkrieg."

Merkel forderte als Konsequenz aus dem Scheitern diplomatischer Bemühungen eine Reform der Uno. Deren Handlungsfähigkeit müsse wiederhergestellt werden. Verhalten kritisierte die CDU-Vorsitzende die USA. Die Bush-Regierung habe "den Eindruck erweckt, als wenn sie auf niemanden angewiesen wäre", sagte Merkel im ARD-Fernsehen. "Das war absolut falsch." Sie hatte zuvor mehrfach betont, dass die Union in der Irak-Frage die USA unterstütze.