Der Papst sprach die entscheidenden Worte in Kalabrien aus, nicht in Rom. Er wusste, sie würden klar und deutlich vernommen werden. Er war nach Cassano an der ionischen Küste gefahren, um den Eltern des dreijährigen Cocò Trost zu spenden. Ihr Kind war durch einen Kopfschuss getötet und dann verbrannt worden (Cocò wurde im Januar Opfer eines Racheakts zwischen rivalisierenden Mafia-Clans, Anm. d. Red.).

Ein ermordetes Kind ist der definitive und unumstößliche Beleg für die Verlogenheit des Ehrbegriffs der Mafiosi. Franziskus hat mit einer einzigen Geste die Lüge der ’Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, zunichtegemacht: die Lüge von der Ehrengemeinschaft, der Beschützerin der Armen und Schwachen, die angeblich für Gerechtigkeit, Arbeit und sozialen Frieden sorgt. Man sollte meinen, es sei selbstverständlich, dass die Kirche sich eines ermordeten Kindes annimmt und die Täter verdammt. Aber leider ist das nicht der Fall. Der Pfarrer von Cassano, ein Mann namens Silvio Renne, sagte kürzlich in einem Interview: "Wie, schon wieder Cocò? Die Sache ist abgeschlossen. Wir haben ihn beerdigt. Ich bin kein Ermittlungsbeamter. Ich bin nicht derjenige, der feststellen muss, wer es war. Und außerdem steht noch überhaupt nicht fest, ob tatsächlich die Drogenmafia oder die ’Ndrangheta dahintersteckt ..."